Eins im Andern: Roman by Monique Schwitter

Eins im Andern: Roman by Monique Schwitter

Autor:Monique Schwitter [Schwitter, Monique]
Die sprache: eng
Format: epub
veröffentlicht: 2015-08-10T16:00:00+00:00


8. Spielmacher

Er hat das Klassenzimmer als Letzter betreten, ist mitten im Raum stehen geblieben, hat die Augen aufgerissen und mich von unten bis oben und zurück gemustert, dann gegrinst. Ein auffallend großer, auffallend schlanker, auffallend hübscher schwarzer junger Mann mit Basecap.

Bonjour, Madame, sagt er.

Ich blicke intensiv auf die Liste. Name?

Mathieu96, sagt er. Einfach, oder?

Was bedeutet die 96?

Das ist mein Geburtsjahr.

Was?

Es klopft. – – • • / • / • • / – . Ich dachte, ich hätte es schon wieder verlernt. Das ganze Frühjahr über war nichts zu hören, im Sommer dann gab es einige kurze heftige Attacken in eintönigem Stakkato, nicht der Entschlüsselung wert, und nun das, ein zweites Mal und eindeutig: lang lang kurz kurz / kurz / kurz kurz / lang: ZEIT. Und gleich noch ein drittes Mal, ich drücke die Fingerspitzen gegen die Schläfen.

Er sieht mich mitleidig an. Alles okay mit Ihnen, Madame?

Ich versuche zu lächeln und nicke.

Die Schüler sollen ihre Stühle nehmen und einen Kreis bilden. Es kommt zu Zusammenstößen, metallene Stuhlbeine klirren gegeneinander; pass doch auf! Pass doch selber auf! Eine lässt ihren Stuhl fallen, eine andere läuft dagegen, stolpert. Sofort nehmen beide Kampfstellung ein. Hinsetzen, ruft die Klassenlehrerin und klatscht in die Hände, hin se tzen.

Die Liste mit den Namen der Schüler habe ich im Schulbüro bekommen, aber da stehen lauter Fantasienamen, Kristallblume, Snoopy, Kampfmaus. Ich zeige sie der Lehrerin. Das sind die Nicknamen, sagt sie, unter denen die Schüler sich im internen Computernetzwerk anmelden. Sie versucht sie zuzuordnen, schüttelt dann aber den Kopf und gibt mir die Liste zurück.

Fangen Sie bitte an, sage ich zu dem schönen Schwarzen, wie heißen Sie? Schreiendes Gelächter, wie angeknipst. Wir duzen die Schüler, sagt die Klassenlehrerin. Das ist Mathieu. Mathieu?! Du kommst ja gerade recht. Was für ein Zufall. Es klopft. – • – / • • / – • / – • • ? Das ging jetzt zu schnell. Stille.

1996 war ich schwanger. Das war doch gerade erst. Jetzt stehe ich vor 23 jungen Menschen, die damals geboren wurden. Nach dem Eingriff fand ich auf dem Flohmarkt winzige Lauflernschuhe, steckte sie in meine Tasche und lief weg. Mathieu hat riesige Füße. Welche Schuhgröße haben Sie – entschuldige: hast du?

Na, Sie gefallen mir, Madame, sagt er, 47, warum?

Du gefällst mir auch, Mathieu. Du bist schön. Du bist charmant. Du riskierst, dich lächerlich zu machen. Du bist mutig. Du bist siebzehn Jahre alt und siehst mich an.

Ich bin hier, um mit euch ein Buch zu schreiben. Ein Buch?, fragt Kristallblume. Es wird eher eine Broschüre als ein Buch werden, haben die Organisatoren mich beruhigt, als ich genau so erstaunt fragte, wie Kristallblume jetzt, aber ich nicke und sage: Ja, ein Buch. Sie sieht mich entsetzt an. Wieso das denn? Ich gebe die Frage an die Runde weiter. Hat jemand eine Idee? Mathieu zeigt als einziger auf. Es würde reichen, ihm zuzunicken, aber ich sage: Mathieu, bitte. Eine Frage, Madame, er stützt sich auf die Oberschenkel und beugt sich vor, dieses Buch wird doch verkauft werden?

Natürlich, antworte ich.

Sehr



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